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ARTHUR SCHOPENHAUER
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Arthur Schopenhauer's essay "Über Sprache und Worte" (On Language and Words) was first published in a collection of essays titled Parerga und Paralipomena, 1851. The excerpt from this essay reproduced below is taken from the reprint in Arthur Schopenhauer's sämmtliche Werke, herausgegeben von Julius Frauenstädt, Zweite Auflage, Sechster Band (Leipzig: Brodhaus, 1877), pp. 602-605. The English translation is a slight revision of Eric Payne's, published in Parerga and Paralipomena: Short Philosophical Essays by Arthur Schopenhauer, translated from the German by Eric F.J. Payne, Vol.2 (Oxford : Clarendon Press, 1974).
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Fast nie kann man irgend eine charakteristische, prägnante, bedeutsame Periode aus einer Sprache in die andere so übertragen, daß sie genau und vollkommen die selbe Wirkung thäte. — Sogar in bloßer Prosa wird die allerbeste Uebersetzung sich zum Original höchstens so verhalten, wie zu einem gegebenen Musikstück dessen Transposition in eine andere Tonart. Musikverständige wissen, was es damit auf sich hat. — Daher bleibt jede Uebersetzung todt und ihr Stil gezwungen, steif, unnatürlich: oder aber sie wird frei, d. h. begnügt sich mit einem à peu près, ist also falsch. Eine Bibliothek von Uebersetzungen gleicht einer Gemäldegallerie von Kopien. Und nun gar die Uebersetzungen der Schriststeller des Alterthums sind für dieselben ein Surrogat, wie der Cichorienkaffee es für den wirklichen ist. — Gedichte kann man nicht übersetzen, sondern bloß umdichten, welches allezeit mißlich ist. — | We are rarely able to translate any characteristic, pregnant, and significant passage from one language into another in such a way that it would produce the same effect precisely and completely. Even in mere prose the best of all translations will at most be related to the original as the transposition of a given piece of music into another key is to the piece itself. Those who understand music know the importance of this. Every translation, therefore, either remains dead and its style is forced, stiff, and unnatural; or it becomes loose, i.e., rests content with an à peu près [approximation], and is therefore false. A library of translations is like an art gallery full of copies. The translations of the authors of antiquity are a substitute for them, like chicory coffee for the real thing. Poems can never be translated, but only recast, which is always a dubious undertaking. |
Demgemäß liegt, bei Erlernung einer Sprache, die Schwierigkeit vorzüglich darin, jeden Begriff, für den sie ein Wort hat, auch dann kennen zu lernen, wann die eigene Sprache kein diesem genau entsprechendes Wort besitzt; welches oft der Fall ist. Daher also muß man, bei Erlernung einer fremden Sprache, mehrere ganz neue Sphären von Begriffen in seinem Geiste abstecken: mithin entstehn Begriffssphären wo noch keine waren. Man erlernt also nicht bloß Worte, sondern erwirbt Begriffe. Dies ist vorzügkich bei Erlernung der alten Sprachen der Fall; weil die Ausdrucksweise der Alten von der unsrigen viel verschiedener ist, als die der modernen Sprachen von einander; welches sich daran zeigt, daß man, beim Uebersetzen ins Lateinische, zu ganz anderen Wendungen, als die das Original hat, greifen muß. Ja, man muß meistens den lateinisch wiederzugebenden Gedanken ganz umschmelzen und umgießen; wobei er in seine letzten Bestandtheile zerlegt und wieder rekomponirt wird. Gerade hierauf beruht die große Förderung, die der Geist von der Erlernung der alten Sprachen erhält. — Erst nachdem man alle Begriffe, welche die zu erlernende Sprache durch einzelne Worte bezeichnet, richtig gefaßt hat und bei jedem Worte derselben genau den ihm entsprechenden Begriff unmittelbar denkt, nicht aber erst das Wort in eines der Muttersprache übersetzt und dann den durch dieses bezeichneten Begriff denkt, als welcher nicht immer dem ersteren genau entspricht, und ebenso hinsichtlich ganzer Phrasen; — erst dann hat man den Geist der zu erlernenden Sprache gefaßt und damit einen großen Schritt zur Kenntniß der sie sprechenden Nation gethan: denn wie der Stil zum Geiste des Individuums, so verhält sich die Sprache zu dem der Nation. Vollkommen inne aber hat man eine Sprache erst, wenn man fähig ist, nicht etwan Bücher, sondern sich selbst in sie zu übersetzen; so daß man, ohne einen Verlust an seiner Individualität zu erleiden, sich unmittelbar in ihr mitzutheilen vermag, also Ausländern jetzt eben so genießbar ist, wie Landsleuten. | Accordingly in learning a language, the chief difficulty lies in getting to know every concept for which it has a word, even when our own language does not possess a word that corresponds exactly to this, as is often the case. When learning a foreign language we must, therefore, mark out in our minds several entirely new spheres of concepts. Consequently concept-spheres arise where there were previously none; and so we learn not merely words, but gain concepts and ideas. This is especially the case when we learn the ancient languages, since the mode of expression of the ancients is much more different from our own than is that of modern languages from one another. This is shown by the fact that, when we translate into Latin, we must resort to turns of phrase quite different from those possessed by the original. In fact in many cases, the idea to be rendered into Latin has to be entirely remoulded and recast; here it is broken down into its ultimate elements and is again recomposed. The great improvement derived by the mind from learning the ancient languages is due precisely to this process of recasting. Only after we have correctly grasped all the concepts which the language to be learnt expresses through separate individual words; only when we directly call to mind in the case of each word of the language exactly the concept that corresponds thereto and do not first translate the word into a word of our own language and then think of the concept expressed by this word—a concept that never corresponds exactly to the first one, and likewise in respect of whole phrases—only then have we grasped the spirit of the language to be learnt and have made a great step forward in our knowledge of the nation that speaks it. For just as the style of the individual is related to his spirit, so is the language related to the spirit of the nation that speaks it. But a man is a complete master of a language only when he is capable of translating into it not merely books but himself, so that, without suffering a loss of individuality, he is able to convey in it what he wants to say and is then just as agreeable and interesting to foreigners as he is to his own countrymen. |
Menschen von geringen Fähigkeiten werden auch nicht leicht eine fremde Sprache sich eigentlich aneignen: sie erlernen wohl die Worte derselben, gebrauchen sie jedoch stets nur in der Bedeutung des ungefähren Aequivalents derselben in ihrer Muttersprache und behalten auch immer die dieser eigenthümlichen Wendungen nnd Phrasen bei. Sie vermögen eben nicht den Geist der fremden Sprache sich anzueignen, welches eigentlich daran liegt, daß ihr Denken selbst nicht aus eigenen Mitteln vor sich geht, sondern, zum größten Theil, von ihrer Muttersprache erborgt ist, deren gangbare Phrasen und Wendungen ihnen die Stelle der eigenen Gedanken vertreten; daher eben sie auch in der eigenen Sprache sich stets nur abgenutzter Redensarten (hackney'd phrases; phrases banales) bedienen, welche selbst sogar sie so ungeschickt zusammenstellen, daß man merkt, wie unvollkommen sie sich des Sinnes derselben bewußt sind und wie wenig ihr ganzes Denken über die Worte hinausgeht, so daß es nicht gar viel mehr, als Papageiengeplapper ist. Aus dem entgegengesetzten Grunde ist Originalität der Wendungen und individuelle Angemessenheit jedes Ausdrucks, den Einer gebraucht, ein unfehlbares Symptom überwiegenden Geistes. | Those of limited ability will not readily master a foreign language in the real sense of the term. They learn the foreign words, it is true, but always use them only in the sense of their approximate equivalent in their own tongue, and invariably retain the idoms and phrases peculiar thereto. However, it is the spirit of the foreign language which they are unable to master; and this is really due to the fact that their thinking itself does not take place from their own resources, but is for the most part borrowed from their mother tongue, whose current idioms and phrases are for them equivalent to original ideas. And so even in their own language they always merely make use of hackneyed phrases (phrases banales, abgenutzte Redensarten); and even these are put together with so little skill that we see how imperfectly aware they are of their meaning and how little their whole thinking goes beyond the mere words, so that it is not very much more than parrot chatter. For the opposite reason, originality of idom and individual fitness of every expression used by a man are an infallible symptom of outstanding intellect. |
Aus diesem Allen nun also erhellet, daß bei der Erlernung jeder fremden Sprache sich neue Begriffe bilden, um neuen Zeichen Bedeutung zu geben; daß Begriffe auseinandertreten, die sonst nur gemeinschastlich einen weiteren, also unbestimmteren ausmachten, weil eben nur Ein Wort fur sie da war; daß Beziehungen, die man bis dahin nicht gekannt hatte, entdeckt werden, weil die fremde Sprache den Begriff durch einen ihr eigenthümlichen Tropus, oder Metapher, bezeichnet; daß demnach unendlich viele Nüancen, Aehnlichkeiten, Verschiedenheiten, Beziehungen der Dinge, mittelst der neu erlernten Sprache ins Bewußtsein treten; daß man also eine vielseitige Ansicht von allen Dingen erhält. Hieraus nun folgt, daß man in jeder Sprache anders denkt, mithin unser Denken durch die Erlernung einer jeden eine neue Modifikation und Färbung erhält, daß folglich der Polyglottismus, neben seinem vielen mittelbaren Nutzen, auch ein direktes Bildungsmittel des Geistes ist, indem er unsre Ansichten, durch hervortretende Vielseitigkeit und Nüancirung der Begriffe, berichtigt und vervollkommnet, wie auch die Gewandtheit des Denkens vermehrt, indem durch die Erlernung vieler Sprachen sich immer mehr der Begriff vom Worte ablöst. | From all this it is clear that, with the learning of every foreign language, new concepts are formed to give meaning to new symbols; that concepts are separated which previously combined to form a wider, and thus less definite, concept simply because only one word existed for them; that connections and references, previously not known, are discovered because the foreign language expresses the concept by its own characteristic trope or metaphor; that accordingly by means of the newly acquired language, we become conscious of an immense number of nuances, analogies, variations, differences, and relations of things; and that we thus obtain a more comprehensive view of everything. Now it follows from this that in each language we think differently; that in consequence, through the study of each new language our thinking undergoes a fresh modification, a new shading; and that polyglottism with its many indirect uses is, therefore, a direct means of mental culture, since it corrects and perfects our views through the striking number of the aspects and nuances of concepts. It also increases the skill and quickness of our thinking since through our learning many languages the concept becomes ever more separated from the word. |
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